Einführung der Flugticketabgabe in der Schweiz auf Kosten der Umwelt und des Personals
Medienmitteilung der AEROPERS-SwissALPA vom 9. Juni 2020
«In den nächsten Tagen entscheidet der Nationalrat über die Einführung einer Flugticketabgabe in der Schweiz. Die aktuell vorgesehene Variante der Flugticketabgabe in der Schweiz ist aus Sicht des Pilotenverbandes AEROPERS nicht zielführend, sondern sogar kontraproduktiv. Es droht eine Mehrbelastung der Umwelt durch Umwegverkehr und ein massiver Druck auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der Airlines und der flugnahen Betriebe.»
In der Zeit vor der Corona-Krise, als die Luftfahrt noch ungebremst zu wachsen schien, wurde in Bern heftig über die Einführung einer nationalen Flugticketabgabe debattiert, festgelegt hat sich bis jetzt aber erst der Ständerat. In der Zwischenzeit hat sich die Ausgangslage massgeblich verändert und das Parlament hat ein Unterstützungspaket für die durch die Corona-Krise massiv getroffene Luftfahrt in der Schweiz beschlossen. Damit hat die Politik deren Relevanz für unser Land bestätigt. Wichtiger Teil des Pakets ist es, dass die unterstützten Firmen den Banken die gewährten Darlehen baldmöglichst zurückzahlen sollen. Dies bedingt aber eine rasche Rückkehr zu einem positiven Geschäftsgang.
In heute und morgen ist das Thema Flugticketabgabe im Nationalrat erneut traktandiert. Ziel sollte es eigentlich sein, mit dieser Lenkungsabgabe das Verhalten der Bevölkerung durch die Verteuerung einer Flugreise zu beeinflussen und so die Umwelt zu schonen. „Die aktuell vorgesehene Variante der Flugticketabgabe in der Schweiz ist aus unserer Sicht nicht zielführend, sondern sogar kontraproduktiv“, sagt Thomas Steffen, Mediensprecher des Pilotenverbandes AEROPERS. „Es drohen eine Mehrbelastung der Umwelt durch Umwegverkehr und ein massiver Druck auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der Airlines und der flugnahen Betriebe“.
Eine nach Distanz und Buchungsklasse differenzierte Flugticketabgabe wird dazu führen, dass Schweizer Passagiere vermehrt mit ausländischen Airlines über deren Hubs zu ihrem Ziel fliegen werden. Wer mit Air France zuerst nach Paris fliegt, um von dort weiter nach Singapur zu reisen, der produziert zwar für seine Reise mehr CO2, bezahlt die Flugticketabgabe aber nur bis Paris, während ein SWISS-Passagier die Abgabe für den ganzen, direkten Flug von Zürich nach Singapur bezahlt. Die geplante Ticketabgabe trifft vor allem die Airlines SWISS und Edelweiss und schwächt deren erfolgreiches Geschäftsmodell.
Die aktuell herrschende Konkurrenzsituation in der Luftfahrt wird dafür sorgen, dass die Flugticketabgabe nicht auf die Passagiere abgewälzt werden kann, sondern von den Airlines bezahlt werden muss. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Druck wird sehr schnell Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben. Das Personal wird nicht nur bei den Airlines selbst, sondern in der Folge auch bei vielen anderen Firmen wie Swissport, GateGourmet oder SRTechnics die Rechnung dafür bezahlen.
Oft wurde im Vorfeld gefordert, dass Airlines nur Unterstützung erhalten sollen, wenn diese an Bedingungen wie Umweltschutzmassnahmen geknüpft sind. Vernünftigerweise sind solche Bedingungen in der Schweiz nicht Teil des Unterstützungspakets. Die Einführung der Ticketabgabe in der Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt droht nun jedoch Fortschritte im Bereich Umwelt massiv zu erschweren. Die dafür notwendigen Investitionen in neue, umweltfreundlichere und leisere Flugzeuge und Technologien erfordern einen grossen finanziellen Aufwand seitens der Unternehmen und können nur getätigt werden, wenn SWISS und Edelweiss dafür genügend finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Diese Mittel müssen, zusätzlich zu den benötigten Geldern für die Rückzahlung der Darlehen, von SWISS und Edelweiss erst einmal erwirtschaftet werden.
„Es kann nicht sein, dass moderne, kerosinsparende und wesentlich leisere Flugzeuge bei Airbus einsatzbereit vor den Fabriken herumstehen, weil sich Airlines deren Übernahme wegen der Flugticketabgabe nicht mehr leisten können“, sagt Steffen weiter. „Die älteren, weniger effizienten und viel lauteren Modelle müssten länger eingesetzt werden, zum Schaden der Umwelt und der Anwohner der Landesflughäfen. Das kann nicht das Ziel der Flugticketabgabe sein“, ist sich der Mediensprecher und Airbus-Pilot sicher.
Aus den erwähnten Gründen ist der Pilotenverband AEROPERS im Moment gegen die Einführung dieser nicht zielführenden, ja sogar kontraproduktiven Flugticketabgabe. Sofern eine Lenkungsabgabe unvermeidbar ist, regen wir an, einen einheitlichen Betrag für Kurz- und Langstreckenflüge anzudenken, der sich in der Höhe an ähnlichen Abgaben in Europa orientiert.
Durch eine einheitliche Flugticketabgabe werden Kurzstreckenflüge, die verhältnismässig einfach durch andere Transportmittel ersetzt werden könnten, überproportional belastet, was der ursprünglichen Idee der Lenkungsabgabe durchaus entspricht.
In Österreich wurde zum Beispiel gerade heute ein neues Modell präsentiert. Darin sind drei Massnahmen enthalten, unter anderem eine einheitliche Flugticketabgabe und eine sogenannte Anti-Dumping-Klausel. Diese verhindert, dass Tickets unter den gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren und Abgaben verkauft werden. „Solche Modelle erscheinen zielführend und verhältnismässig“, sagt Thomas Steffen abschliessend.
Medienanfragen per Telefon sind im Moment aus technischen Gründen nur eingeschränkt möglich. Sollte keine Antwort auf +41 44 816 90 70 erfolgen, melden Sie sich bitte beim AEROPERS-Mediensprecher Thomas Steffen per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Kontaktpersonen
- Thomas Steffen, Vorstandsmitglied, Mediensprecher
- Henning M. Hoffmann, Geschäftsführer, Mediensprecher